Epilepsie der Haustiere

Epilepsie ist ein Zeichen für eine Fehlfunktion des Gehirns und zeigt sich durch ein spontanes Anfallsgeschehen. Die Ursachen und die Symptomatik können variieren. Grundlegend können Anfälle in jedem Alter auftreten, allerdings kann das Alter, in dem die ersten Anfälle auftreten, einen Hinweis auf eine mögliche Ursache geben.

 

Die Einteilung der Anfälle erfolgt zum Einen nach dem Grad der Ausfallserscheinungen: fokale (nur eine Muskelgruppe oder eine Region des Gehirns betreffend, z. B. Augenzucken, Fliegenschnappen), fokal-komplexe (mehrere Regionen des Gehirns betreffend, allerdings ohne Bewusstseinverlust, wobei diese aus fokalen Anfällen entstehen können) und generalisierte Anfälle (Verlust des Bewusstseins, tonisch-klonische Krämpfe, Störung des autonomen Nervensystems: Speicheln, Harn-/Kotabsatz). 

Video: Junger Hund mit fokalen Anfällen (Fliegenschnappen)

Video: eher fokal-komplexer Anfall ohne Bewusstseinseinschränkung

Video: Ein beim Menschen gehaltener Waschbär mit fokal-komplexen Anfällen und deutlicher Reduktion seines Bewusstseins

Video: generalisierter Anfall einer Katze allerdings ohne Harn-/Kotabsatz und deutlichem Speicheln, allerdings mit deutlicher postiktaler Phase

Die Einteilung nach einer möglichen Ursache braucht meist schon eine umfangreiche Untersuchung, wobei die eigentliche Epilepsie, primär-genetische (idiopathische, kryptogene) Ursachen haben kann, bei Hunden i.d.R. im Alter unter 5 Jahren und bei Katzen häufiger im Alter von 4-8 Jahren vorkommt und durch Ausschluss aller anderen Ursachen diagnostiziert wird. Strukturelle/metabolische Anfälle müssen nach VETAMIN-D-Schema ausgeschlossen werden. Hilfreich können hier Videos, die bis zur vollständigen Normalisierung des Tieres aufgenommen worden, ein Anfallstagebuch inkl. Bericht über die letzten 24 Stunden vor dem Anfall, Fütterungszeiten, Medikamentengaben und eine profunde neurologische Untersuchung des Patienten inkl. Provokation (Lichtblitze, Geräusche) sein.

Video: provozierbares Anfallsgeschehen (Myoklonus) durch Licht beim Chihuahua

Blutuntersuchungen können helfen einige Ursachen des Anfallsgeschehens auszuschließen: endogene Vergiftung durch Fehlfunktion des Leber (z.B. porto-systemischer Shunt), Kalziumunterversorgung, Kochsalzvergiftung, Viskositätserhöhung des Blutes (Polycytämie vera). Einige Blutwerte können auch entzündliche oder tumoröse Veränderungen im Gehirn vermuten lassen, allerdings verhindert die Blut-Hirn-Schranke eine einfache Diagnose.

 

Die Videodarstellung eines Anfalls lässt manchmal eine Diagnose zu, z. B. provozierte myoklonische Anfälle wie beim Beagle oder respiratorische Synkopen. Die Untersuchung des Kardiologen evtl. inkl. eines 24-Stunden-EKG kann kardiologische Synkopen ausschliessen.

 

Leider sind in der Tierneurologie die Elektroenzephalografie (EEG) nur selten möglich und daher Interpretationen schwierig, wobei die Zukunft sicherlich bei den Langzeit-EEGs liegt.

 

Falls es Hinweise für strukturelle, entzündliche oder infektiöse intrakranielle Ursachen für die Anfälle gibt, kann letztlich eine MRT-Untersuchung und Liquor(Gehirnwasser)-Entnahme notwendig machen.

Eine möglichst profunde Diagnose stellt die Grundlage der Therapie der Anfälle dar. Grundsätzlich besteht die Therapie aus mehreren Komponenten: Ein oder mehrere Antiepileptika sind häufig die Grundlage der Therapie, die Auswahl ergibt sich aus der Vorgeschichte und Untersuchungsergebnissen. Leider sind nicht alle Antiepileptika hundertprozentig für alle Formen der Epilepsie wirksam, es kann dauern bis der Tierneurologe das Richtige findet und manchmal ist auch das nicht möglich. Eine andere Komponente kann die Vermeidung von Situationen sein, nach denen der Patient Anfälle gezeigt hat, z. B. große Hundegruppenbesuche, Autofahrten, etc. Eine 24/7-Routine kann dem Patienten hier helfen! Eine Futterumstellung bei Leberfehlfunktionen sind obligat, aber auch die Verfütterung mittelkettiger Fettsäuren kann bei wiederholten (Therapie-resistenten) Anfallsgeschehen die Frequenz senken. Die elektrische Stimulierung des Vagusnerven wird in der Tiermedizin vereinzelt angewendet, die tiefe Gehirnstimulation wie in der Humanmedizin vorerst Zukunftsmusik.

 

Grundsätzlich kann ein gut eingestellter Epileptiker genauso alt werden wie seine Artgenossen! Frühzeitige Diagnose und Therapie helfen dabei! Trotzdem bleibt immer zu bedenken, dass wir bei der häufigsten Erkrankungsform des Gehirns, der Epilepsie, in aller Regel nur symptomatisch behandeln und ein Haustier mit besonderen Ansprüchen zuhause haben.

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